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Ammen–Dornfingerspinne (Cheiracanthium punctorium)


Letzte Aktualisierung: 02.12.2016

Die Ammen–Dornfingerspinne (Cheiracanthium punctorium) gehört zu den wenigen in Deutschland vorkommenden Spinnenarten, deren Biss schmerzhafte Folgen für den Menschen hat. Das hat ihr zu einem gewissen Bekanntheitsgrad verholfen, wird doch immer wieder gerne und ausführlich über sie in der Presse berichtet.

Die Ammen–Dornfingerspinne  (Cheiracanthium punctorium). Auffallend sind der orange–rote Rückenschild und die kräftigen Cheliceren.
Die Ammen–Dornfingerspinne (Cheiracanthium punctorium). Auffallend sind der orange–rote Rückenschild und die kräftigen Cheliceren.

Aussehen, Größe und Lebensweise

Als mir das erste Mal in einer Wiese ein außergewöhnlich großer Gespinstsack zwischen verschiedenen Grashalmen auffiel, wusste ich noch nicht, dass es sich dabei um das Gespinst einer Dornfingerspinne handelte. Interessiert öffnete ich den Sack mit zwei kleinen Stöckchen. Das Gespinst erwies sich als außerordentlich zäh, und so gelang es mir nur einen kleinen Spalt zu öffnen. Just in diesem Augenblick schaute auch schon die darin verborgene Spinne hinaus. Ihre zwei mächtigen Kieferklauen schoben sich nach außen und genau in diesem Moment wusste ich, wer hier wohnt. Das kräftige Grundglied der Kieferklauen hat eine rötlich orange Färbung und geht zum Ansatz der Giftklauen ins Schwärzliche über. Die Giftklauen selbst sind lang und wirken durchaus beeindruckend. Die Spinne krabbelte aus ihrem Gespinst und das Kopfbruststück (Cephalotorax) mit seiner fast schon leuchtend rötlich-orangen Färbung, erschien mir wie eine Warntracht. Der Hinterleib (Abdomen) ist unscheinbarer gefärbt, die Farbtöne sind gelblich bis grün-oliv. Die Körpergröße des Ammen-Dornfingers liegt zwischen 1 – 1,5 cm, womit sie zu den größeren einheimischen Spinnen zählt. Die Dornfingerspinne bewohnt offene, eher trockene Lebensräume. Bevorzugt werden dabei „weitgehend gehölzfreie, aber mit reichstrukturierter Krautschicht ausgestattete Standorte“ (1).

Nach obenWeiße Gespinstsäcke

Das gerade geschilderte Erlebnis gibt auch schon einen ersten Eindruck von der Lebensweise der Dornfingerspinne. Der Gespinstsack dient der Spinne als Tagesversteck. Sie streift nachts umher und spinnt keine Fanggewebe, sondern erjagt ihre Beute. Die auffälligen Gespinstsäcke sind Ruhezonen. Hier verbringt die Spinne geschützt den Tag. In geeigneten Wiesen kann man gleich mehrere der sehr auffälligen Gespinstsäcke finden. Zu der Familie der Dornfingerspinnen (Eutichuridae) (2) gehört die Gattung Dornfinger (Cheiracanthium) (3) mit mehren in Deutschland vorkommende Arten. Eine kartografische Übersicht und etliche Fotos dazu findet man bei der Arachnologischen Gesellschaft (4) , (5).

Nach oben Paarung

Das Paarungsverhalten dieser Spinne ist sehr interessant. Bellmann (6) beschreibt, wie die reifen Männchen sich auf die Suche nach einem Weibchen begeben. Zu diesem Zeitpunkt sind die Weibchen selbst allerdings noch nicht reif, ihnen fehlt die sogenannte Reifehäutung, bevor sie geschlechtsfähig sind. Für das Männchen ist das zunächst nicht relevant. Sobald es ein passendes Weibchen gefunden hat, baut es unmittelbar an dem weiblichen Gespinstsack seinen eigenen und wartet ab. Sobald die Reifehäutung erfolgt ist – das ist meist im Juli – „wird die Trennwand entfernt“ (7) und die Paarung findet statt. Die Männchen versterben bald darauf.

Zum Ende des Sommers legt die Dornfingerspinne ihre Eier in einen Kokon ab, den sie ebenfalls innerhalb ihres Wohngespinstes verwahrt und bewacht. Das Gespinst kann dabei hühnereigroß werden. Sind die Jungspinnen geschlüpft, bleiben sie für mindestens drei Wochen (8) bei der Mutter im Gespinst. Einen solchen Gespinstsack ungeschützt zu öffnen, kann sich als wenig gute Idee erweisen. Das Weibchen wird ihre Jungen beschützen wollen und sich dem Störenfried beißfreudig stellen. Lange leben wird sie allerdings nicht mehr. Die meisten Weibchen versterben bis Ende Oktober, die Jungspinnen haben dann bereits das Gespinst verlassen (9).

Video: Ammen-Dornfingerspinne (Cheiracanthium punctorium)

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Nach oben Name

Der deutsche Name Dornfinger lädt geradezu dazu ein, ihn mit einem schmerzhaften Biss zu assoziieren. Die Bezeichnung Dornfinger rührt allerdings von einem spitzen (dornartigen) Fortsatz an den männlichen Pedipalpen. Und die Bezeichnung „Ammen“ nimmt Bezug auf die Verteidigungsbereitschaft der weiblichen Spinnen gegenüber Gefahren, die die eigenen Brut bedrohen.

Nach oben Verbreitung

Die Dornfingerspinne breitet sich seit einigen Jahren in Deutschland aus. Ursprünglich nur in der wärmebegünstigten Region rund um den Kaiserstuhl anzutreffen, hat sie mittlerweile passende Lebensräume in weiten Teilen Deutschlands besiedelt. Hier insbesondere im ostdeutschen Raum und Baden-Württemberg, aber nicht nur da. Eine Übersicht über Funde der Dornfingerspinne in Deutschland findet sich auf der Webseite der Arachnologischen Gesellschaft (10) . Um diese Ausbreitung gibt es einen alle paar Jahre wieder in der Presse stattfindenden Hype. Beliebt sind Schlagzeilen wie

  • „Giftspinne Ammen-Dornfinger breitet sich in Berlin aus“ (Berliner Morgenpost) (11)
  • Oder „ So schützen Sie sich vor den giftigen Bissen“ (T-online) (12)

Ursache für diesen Medienhype ist der Umstand, dass die Dornfiger Spinne schmerzhaft zubeißen kann. Neben der Ammen-Dornfingerspinne gibt es noch eine weitere Art der Gattung, die weniger bekannt ist und seltener erwähnt wird, und die sich ebenfalls zurzeit in Mitteleuropa ausbreitet: Cheiracanthium mildei (Mildes Dornfingerspinne). Ihre Färbung ist weniger auffällig, insbesondere das Kopfbruststück weist nicht die kräftige Färbung von punctorium auf. Da es sich hierbei um eine wärmeliebende, mediterrane Art handelt, breitet sie sich vorzugsweise in wärmebegünstigten Regionen wie dem Rheintal aus. Gleichzeitig bevorzugt sie Häuser als Lebensraum. Ihr kommen „gut wärmegedämmte und beheizte Häuser sehr entgegen“ (13) . Auch diese Spinne kann unangenehm beißen.

Nach oben Bisswunde, Giftigkeit und Symptome

Die Kieferklauen des Ammen-Dornfiger sind außergewöhnlich kräftig. Damit das Gift überhaupt injiziert werden kann, muss die menschliche Haut durchdrungen oder besser gesagt durchbissen werden können. Während das fast allen einheimischen Spinnen nicht gelingt, schafft es allerdings die Dornfingerspinne. Die Wirkung des Giftbisses soll dem einer Wespe ähneln nur (deutlich) schmerzhafter sein.

Bemüht man die Gifttierdatenbank der Uniklinik München (14) und gibt als Suchbegriff Cheiracanthium punctorium ein, dann werden unter Cheiracanthium sp. verschiedene Symptome beschrieben. Man sollte allerdings beachten, dass hier nicht nur Cheiracanthium punctorium, sondern auch andere Arten der Gattung beschrieben werden.

Aufgezählt werden unter anderem Rötung, Übelkeit, Fieber und Kopfschmerzen, Lymphknotenvergößerung, und ggf. Nekrosen. Für die in Deutschland vorkommende Art wird explizit ein „milder bis heftiger Lokalschmerz + milde Allgemeinreaktion“ genannt.

Wer es etwas plastischer beschrieben haben möchte, der sei auf die Beschreibung eines Selbstversuchs von Peter Sacher verwiesen. In der Fachzeitschrift Hercynia der Martin Luther Universität in Halle beschrieb er in einem Beitrag aus dem Jahr 1990 (15) die aufgetretenen Symptome, nachdem er sich viermal hatte beißen lassen.

Allergische Reaktionen können naturgemäß wie auch bei einem Wespenstich zu folgeschwereren Symptomen führen.


Nach obenQuellen und weiterführende Links